Dieter Klarholz, Pianist, Ensemblemitglied

 

Der Mann am Klavier mit Bar-Feeling
 

Meist sitzen sie unauffällig im Halbdunkel neben der Bühne. Das Publikum nimmt wenig Notiz von ihnen. Kritiker erwähnen in den Zeitungen bestenfalls ihre Namen. Dabei geht nichts ohne sie auf den Brettl-Bühnen - ohne die Kabarett-Musiker. BÜHNE fragt (sich): Wer gibt in Leipzigs Kabaretts den Ton an?

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Heutzutage fast eine Rarität in Boomtown - in der Funzel sitzt mit Dieter Klarholz ein waschechter Leipziger am Klavier. Der ruhig wirkende Mann kommt von der Tanzmusik, hatte zu DDR-Zeiten seinen Berufsausweis als Pianist in der Tasche und Anfang der 70er eine eigene Band.

Später machte er als Pianist nicht nur die Leipziger Nachtbars (Femina!) unsicher, sondern stieg selbst mit ins Geschäft ein und betrieb mit seiner Ehefrau den "Treff 71".

Nach zehn Jahren, in denen jede Nacht zum Arbeitstag wurde, schien es Klarholz, genug fürs messestädtisch-mitternächtliche Amüsierleben getan zu haben. Er verlegte sich im Raum Plagwitz-Schleißig als Programmgestalter aufs Organisieren von Veranstaltungen mit familienfreundlicheren Endzeiten - und kehrte zur Musik zurück: als Nebenjob-Pianist bei Leipziger Amateurkabaretts, so auch der "Baufunzel".

"Wer macht mit?" f ragte Baufunzel-Kabarettist Thorsten Wolf 1990 den Rest der Truppe und rückte mit dem Plan heraus, dem Zusammenschrumpfen der Kulturlandschaft Ost mit dem kühnen Sprung ins marktwirtschaftliche Privat-Theaterleben zuvorzukommen. Seither sitzt Dieter Klarholz im Kabarett "Leipziger Funzel" dem der "Bau" abhanden gekommen ist, am Klavier oder Keyboard.

Seither komponiert er auch wieder, die Funzel-Songs sind in der Regel Eigenkompositionen, nur wenn es der Text ausdrücklich verlangt, wird fremdgegangen. Für das Programm "Wir sind gesellschaftsfähig" hat er experimentiert und eigenhändig ein kleines Orchester auf Diskette eingespielt, per Knopfdruck abrufbar. Die Dose bleibt aber die Ausnahme. Im Kabarett muß die Musik live spielen, sagt Klarholz: "Der Pianist kann auf spontane Reaktionen des Publikums reagieren, die Diskette macht einfach weiter."
Viel Platz beansprucht er mit seinem Klavier nicht, das wird so bleiben, Verstärkung ist nicht in Sicht.
"Ein Trio wäre zwar ganz schön" - aber das könne die Funzel sich nicht leisten. Dieter Klarholz muß es wissen: So wie Kabarettist Thorsten Wolf als Direktor die Funzel nach außen repräsentiert, so kümmert sich Musiker Dieter Klarholz im Büro auch ums Geschäftliche: Die "Treff 71" Zeiten waren keine verlorenen.
 
Bernd Locker (LVZ)